Das Leben auf dem Land verbindet bekanntermaßen harte Arbeit, einen engen Kontakt zur Natur und eine hohe soziale Verantwortung. Carina Laschober-Luif, Landwirtin und Seminarbäuerin, betreibt nun seit einigen Jahren den Blog „Landwirtschaftschmeckt“, um über Ihre Erfahrungen auf dem Land zu berichten, um ihr wissen zu teilen und um allgemein die Landwirtschaft den Leuten näher zu bringen. Im Interview mit Farmitoo erzählt uns Carina weitere Details über ihr Leben und über ihre Tätigkeiten.
Guten Tag Frau Laschober-Luif! Erstens würde ich Sie gerne Fragen, ob Sie uns eine kurze Einleitung in die Geschichte Ihres Bauernhofs geben könnten und wie Sie persönlich zur Landwirtschaft gekommen sind. Kam diese Entscheidung unerwartet oder steckte dies eher in Ihrem Blut?
Unser Betrieb wird bereits seit mehreren hundert Jahren bewirtschaftet – wie es früher so üblich war, vorwiegend für die Eigenversorgung. Meine Großeltern haben in den 70er Jahren die Milchwirtschaft ausgebaut und meine Eltern in den 80ern die Direktvermarktung (ab Hof Verkauf von Fleisch und Buschenschank). Diese bilden bis heute unsere Betriebsschwerpunkte. Ich bin auf diesem Betrieb aufgewachsen und hatte eine sehr schöne Kindheit. Meine Großeltern und Eltern waren immer gerne in der Landwirtschaft tätig und haben meinem Bruder und mir auch ein positives Bild über ihre Arbeit vermittelt. Dennoch hatte ich nie vor den Betrieb zu übernehmen. Die Landwirtschaft hat mich aber immer fasziniert, deshalb entschloss ich mich an der Universität für Bodenkultur Landwirtschaft zu studieren.
Nach dem Studium und der Karenzzeit von meinen beiden Kindern, habe ich begonnen in einem Büro zu arbeiten. Ich habe aber schnell erkannt, dass die viele Computerarbeit und das ewige Sitzen doch nicht das Richtige für mich sind. Also begann ich nach Alternativen zu suchen. Ich besuchte die Zertifikatslehrgänge „Seminarbäuerin“ und „Schule am Bauernhof“, die vom Ländlichen Fortbildungsinstitut angeboten wurden, und widme mich seit dem Abschluss verstärkt damit, Kindern und Jugendlichen die Landwirtschaft näher zu bringen. Gleichzeitig begann ich mich auch immer mehr für die Arbeit am Betrieb zu interessieren und mich mehr einzubringen. Heute bewirtschafte ich mit meinem Bruder und seiner Lebensgefährten den Hof, auch meine Eltern arbeiten noch mit. Die Entscheidung mich aktiv in die Landwirtschaft einzubringen kam also Schritt für Schritt und mit einiger Verzögerung.
Auf Ihrem Hof werden Kulturen angebaut, es werden Tiere gezüchtet und es werden teils auch Lebensmittel verarbeitet. Könnten Sie uns genauer beschreiben, um welche Kulturen, Tiere und Lebensmittel es sich dabei handelt?
Auf unseren Feldern wächst Mais, Triticale, Hafer, Weizen, Gerste, Roggen und Feldfutter. Den Roggen verwenden wir zum Brot backen, das restliche Getreide verfüttern wir an unsere Tiere. Aus dem Feldfutter und unserem Grünland erzeugen wir Heu und Silage, die wir für die Rinderfütterung brauchen. Wir halten Rinder, Schweine, Gänse, Enten und Puten. Die Kühe liefern uns Milch, die wir zur Gänze an die Molkerei verkaufen. Die Schweine, Gänse, Enten und Puten schlachten wir in unserem hofeigenen Schlachtraum. Die Geflügel vermarkten wir als Frischfleisch ab Hof. Das Schweinefleisch verarbeiten wir zu Fleisch- und Wurstwaren weiter. Wir verwenden alles vom Schwein „from nose to tail“, und erzeugen daraus traditionelle Produkte wie Geselchtes, Surbraten, Hauswürstel, Blutwurst, Presswurst, Schmalz oder Grammeln. Diese Produkte vermarkten wir bei unserer Mostbuschenschank.
Sie wurden bereits 2017 und 2019 mit dem 1. Platz im “Austria Food Blog” geehrt. Wie sind Sie auf Idee Ihres Blogs “Landwirtschaftschmeckt” gekommen und über welche Themen schreiben Sie in Ihrem Blog hauptsächlich?
Durch meine Tätigkeit in der Direktvermarktung, als Seminarbäuerin und Schule am Bauernhof Anbieterin habe ich ein Gefühl dafür bekommen, was Menschen an der Landwirtschaft interessiert. Viele wollen mehr darüber erfahren, wie Lebensmittel erzeugt werden. Wir Bäuerinnen und Bauern wissen von Grund auf wie Nahrungsmittel entstehen, wie man sie verarbeitet und auch was man damit kocht. Wir haben viel zu erzählen von unseren Höfen und unserer Arbeit – und die Menschen interessiert das auch! Ich bin damit aufgewachsen, dass der direkte Kontakt und das Gespräch mit den Konsument*innen sehr wichtig ist. Doch natürlich ist man hier in seinen Kapazitäten beschränkt. Ein Blog ist eine gute Möglichkeit viele Menschen auch außerhalb der Landwirtschaft zu erreichen und für seine Themen zu begeistern. Deshalb habe ich begonnen den Blog „landwirtschaftschmeckt“ zu schreiben. Ich schreibe vor allem über unsere Arbeit am Hof, über mein Leben als Bäuerin, Seminarbäuerin und Interessensvertreterin und veröffentliche Kochrezepte.
Zudem sind Sie als Landwirtin auch im Bereich der Seminare aktiv. Könnten Sie uns diese Tätigkeit etwas genauer erklären?
Ich bin als Seminarbäuerin im Auftrag des Ländlichen Fortbildungsinstituts vor allem in Volksschulen in meinem Heimatbezirk Oberwart tätig. Hier erarbeite ich mit den Schüler*innen landwirtschaftliche Themen in zweistündigen Workshops wie zB „Vom Korn zum Brot“, „Milchlehrpfad“ oder „Huhn und Ei“. Auf unserem Hof biete ich „Schule am Bauernhof“ an, wo Kinder und Jugendliche zu uns kommen und einen Vormittag bei uns verbringen können. Sie können sich selber ein Bild davon machen, wie wir arbeiten. Das Angebot wird von den Lehrer*innen sehr gut angenommen und die gegenseitige Wertschätzung, die dadurch entsteht ist großartig. Ich bin der Meinung, dass ein/e Schüler*in zumindest einmal während der Schulzeit Kontakt zu einer Bäuerin oder einem Bauern gehabt haben sollte. Dazu ist es auch notwendig, dass wir uns von Seiten der Landwirtschaft öffnen und auf die Menschen zugehen.
Die Landwirtschaft ist ohne Zweifel ein Grundstein unserer Gesellschaft, allerdings wenden sich immer mehr Menschen, gerade Jugendliche von ihr ab. Wie schätzen Sie dieses Phänomen ein und was erwarten Sie sich, aus der zukünftigen Entwicklung der Landwirtschaft?
Die Landwirtschaft wird auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert in der Gesellschaft einnehmen, denn essen muss jede*r und ist somit auch elementar auf die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern angewiesen. Konsument*innen haben die unterschiedlichsten Zugänge zu Lebensmittel – deshalb brauchen wir in Österreich auch künftig alle Formen der Landwirtschaft: Die kleinen Betriebe genauso wie die Großen, die Direktvermarkter genauso wie die, die an den Handel vermarkten, und die biologisch wirtschafteten ebenso wie die konventionellen. Nur so können wir den Wünschen aller nach kommen und den gesamten Markt bedienen.
Ein Punkt der uns in Zukunft massiv beschäftigen wird, ist der Dialog mit den Konsument*innen, denn die Zahl der Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind, sinkt kontinuierlich. Es wächst bereits eine Generation heran, die keine landwirtschaftliche Wurzeln hat. Das Verständnis und die Wertschätzung für uns und unsere Arbeit wird dadurch stetig geringer. Es ist wichtig, dass wir einen Schritt auf die Menschen zugehen und ihnen die Möglichkeit geben, Einblicke in unsere Arbeit zu bekommen. Wir müssen sie dort abholen, wo sie stehen. Kinder interessieren sich für Grundlegendes, wie zB wo die Milch herkommt oder wie der Weg vom Korn zum Brot ist.
Jugendliche hinterfragen vieles kritisch, vor allem in Bereichen wie der Tierhaltung oder im Umwelt- und Klimabereich. Wenn man ehrlich auf die Fragen, aber auch auf die Sorgen, der Kinder und Jugendlichen eingeht, erkennt man, dass wir oft das Gleiche meinen, aber einfach einen anderen Blickwinkel haben. Die Bäuerinnen setzen sich schon seit Jahrzehnten für den Dialog mit den Konsument*innen ein und haben hier eine Vorreiterrolle inne. In Zukunft müssen wir das Gespräch noch mehr forcieren und die Leistungen der Landwirtschaft pointiert darstellen.