Interview mit Frederik, Gründer der Plantage, die erste biovegane solawi bei Berlin.
Können Sie bitte in einigen Worten beschreiben, was “Plantage” ist (Ziele, Gründung, Team, Ort, …)?
Plantage oder plant Age haben wir gegründet um regionale & saisonale Selbstversorgung in Berlin zu übernehmen. Im Dezember 2017 haben wir zu zweit das erste Mal einen Infostand auf dem Greenmarket Berlin gemacht, um Menschen von unserer Idee einer tierleidfreien Landwirtschaft, zu erzählen. Uns ist wichitg, dass wir keinen Tieren Schaden, und auch nicht Teil des Wirtschaftskreislaufes sind, in dem es eine Flut an Gülle gibt. Wir haben mittlerweile neben dem Kernteam über zwei dutzend Menschen, die uns im Aufbau unterstützen, denn eine solidarische Landwirtschaft lebt von der Einbringung der Mitglieder. Es gibt zum Beispiel Architekten, die einen Hof auf der grünen Wiese planen können, oder Rechtsanwälte, die bei der Formulierung der Genossenschaftssatzung helfen. Momentan gründen wir einen Förderverein für gemeinnützige Zwecke wie Bildungsarbeit, Artenschutz und Gemeinwohl. Als nächsten Schritt streben wir die Gründung einer Konsum-Genossenschaft an, bei der alle Konsumenten auch Eigentümer des Landwirtschaftsbetriebes sind, darüber findet eine noch stärkere Identifikation der Konsument mit der Produktion ihrer Lebensmittel statt. Die Genossenschaft ist darüber hinaus eine sehr demokratische Rechtsform, da jedes Mitglied unabhängig der gezeichneten Mitgliedsanteile nur eine Stimme hat. Eine Genossenschaft ist eine der krisensichersten Rechtsformen und kann durch eine große Mitgliederbasis und dem an einen Zweck gebundenen Ziel leichter Kapital einnehmen. In einer Genossenschaft ist Profit nicht das Ziel, sondern immer nur Mittel zum Zweck. In unserem Fall ist das die Herstellung von regionalen, saisonalen, ökologisch und vegan produzierten Lebensmitteln, bei gleichzeitigem Arten- und Klimaschutz.
Wie ist Ihr beruflicher Werdegang? Wie sind Sie auf “Plantage” gekommen?
Die Gründerin Judith Ruland studiert Ökologie und Umweltplanung an der Technischen Universität Berlin, ihr ist besonders wichtig, dass durch Landwirtschaft auch aktiver Umweltschutz betrieben wird. Dabei ist der Erhalt von Biodiversität sowie die Aufbereitung von Böden durch Nährstoffkreisläufe sehr wichtig. Frederik Henn hat International Business in Maastricht und China Business in Hong Kong studiert. Er bringt sein Wissen darüber ein wie man einen Betrieb gründet und führt. Wir haben zwar bei der GemüseAckerdemie, einer Bildungseinrichtung für Schulgärten gearbeitet, sind aber keine ausgebildeten Landwirte. Dafür kennen wir uns ziemlich gut mit Vermarktung und Kommunikation in der Stadt aus, eine Qualität, die vielen Landwirten die Direktvermarktung erleichtert.
In welcher Entwicklungsphase befindet sich die biologische vegane Landwirtschaft in Deutschland?
Die biologische Landwirtschaft in Deutschland gibt es schon sehr lange. Bevor mineralische Dünger und Pestizide erfunden wurden, war ja quasi die gesamte Landwirtschaft schon einmal biologisch. Das besondere bei uns ist, dass wir auf Nutztierhaltung verzichten, und somit auch keine Flächen für Futtermittelanbau verwenden. So verbraucht man ungefähr nur 30% der Ackerflächen verglichen mit Menschen, die auch Fleisch konsumieren. In Anbetracht einer steigenden Weltbevölkerung, knappen Ackerflächen und einem Klimawandel, ist es sinnvoll den Verbrauch zu reduzieren, um stattdessen Kohlenstoff aus der Atmosphäre durch Anpflanzen von Wälder zu binden.
Biologische Landwirtschaft ist in Deutschland auch je nach Region sehr unterschiedlich ausgeprägt und hängt mit den Bodenverhältnissen, regionaler Förderung und den Konsumentenwünschen zusammen. Eines steht aber fest. Es gibt kaum ein Land in dem weniger für Lebensmittel bezahlt wird als in Deutschland. Durch große Discounter verlieren die guten Lebensmittel ihren Wert und werden fast nur noch über Preis definiert. Qualität, Geschmack, Geruch und soziale wie ökologische Bedingungen im Anbau kommen den Kunden in sterilen Supermärkten nicht in den Sinn. Dort muss jedes Obst und Gemüse aussehen wie das andere, als komme es aus einer Fabrik.
Bei plant Age kommen auch krumme Gurken, kleine Kartoffeln und auch Gemüse mit Bissspuren in die Gemüsekiste. Das wird auch so kommuniziert und von den Konsumenten gewünscht. Lebensmittelverschwendung ist also auch ein großes Thema, das wir angehen.
Können Sie bitte den Arbeitsalltag bei “plant Age” beschreiben?
Da wir noch in dem Aufbau sind und noch kein Gemüse anbieten, hat sich der Arbeitsalltag auf einer Farm noch nicht eingestellt. Wir beantworten momentan viele Anfragen von zukünftigen Mitgliedern, organisieren Infoveranstaltungen, schauen uns Gartenbaubetriebe zur Zusammenarbeit an und bereiten Finanz- wie Anbauplanung vor. Jede Woche hat momentan andere Aufgaben, es ist ein Prozess bis wir die Strukturen aufgebaut haben, um Jahr für Jahr ähnliche Abläufe zu durchlaufen.
Möchten Sie über ein zusätzliches Thema sprechen, das “plant Age” charakterisiert?
Wir hatten bereits angesprochen, dass wir “vegan” Gemüse anbauen, also ohne Nutztiere und ohne tierische Dünger. Wir schließen deshalb aber keine Menschen aus, jeder ist willkommen. Gleichzeitig wird es bei unseren Hoffesten jedoch nur vegane Gerichte geben, so unser Name plant Age ja auch Pflanzenzeitalter heißt und Ernährung immer auch politisch ist. Was die Menschen zu Hause machen ist klar die Sache jedes Einzelnen, aber wir wollen zeigen, dass Landwirschaft in Zukunft viel weniger Tiere haben sollte.
Bei uns steht auch die Gemeinschaft wie das Solidarische im Vordergrund. Bei uns sollte keiner ein Leben lang arbeiten, um dann in Altersarmut zu landen. Das heißt wir streben über lange Zeit eine Bezahlung über dem Mindestlohn an mit bezahlten Überstunden. Das geht jedoch nur über eine wirtschaftliche Größe von einigen hunderten bis über eintausend Mitgliedern. Wir sind natürlich auch idealistisch motiviert, dürfen aber das pragmatische nicht aus den Augen lassen, denn das Gemüse muss auch für die Konsumenten bezahlbar sein.