Marie von “Wurzelwerk” über die Idee der Selbstversorgung

In der heutigen Zeit rücken Themen wie Selbstversorgung oder lokaler Konsum immer weiter im Vordergrund. Mit dem richtigen Wissen kann jeder die ersten Schritte zum/zur Selbstversorger/in machen, egal ob im Garten auf dem Land, oder in der Stadt durch Urban Farming. Im Interview mit Farmitoo berichtet Marie Diederich über ihre Erfahrung als Selbstversorgerin und über ihren Traum eines vernetzten Regionalkonsums. Neben ihrer Leidenschaft für das Gärtnern, betreibt Marie auch den erfolgreichen Blog Wurzelwerk, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen rund um das Thema Selbstversorgung zu teilen. Der heutige Beitrag im Farmitoo Mag bietet interessante Einblicke in diese nachhaltige Lebens- und Wirtschaftseinstellung.

Guten Tag Marie! Als Erstes würde ich Dich gerne fragen, ob Du Dich kurz vorstellen kannst: Was machst Du so in Deinem Leben und worum geht es in Deinem Blog „Wurzelwerk“ hauptsächlich?

Guten Tag! Ich bin Marie und ich habe schon immer eine riesengroße Leidenschaft für das Gärtnern gehabt. Ich habe schon als Kind auf der Dachterrasse meiner Eltern Gemüse angebaut und mir zu meinem 12. Geburtstag Ziegen gewünscht, weil ich Selbstversorgerin werden wollte. Mittlerweile habe ich einen sehr großen Gemüsegarten, in dem wir das Gemüse für unsere Familie fast komplett selbst anbauen. Außerdem habe ich auch Hühner und Ziegen, von denen wir Eier, Milch und Fleisch beziehen. Ich habe meinen Blog „Wurzelwerk“ gestartet, um unsere Erfahrungen und das ganze Wissen, das wir uns rund um die Selbstversorgung angeeignet haben, zu teilen.

Wie bist Du persönlich auf das Thema Selbstversorgung gekommen, bzw. warum ist Dir dies so wichtig?

Ich habe das einfach aus Spaß angefangen. Ein ganz großer Antrieb ist, dass es einfach super lecker schmeckt, wenn man eigenes Gemüse anbaut. Also Sorten anbaut, die noch wirklich nach was schmecken, gerade wenn man auch die Geschichte kennt, die hinter den Lebensmitteln steckt. Dann ist auch dazugekommen, dass wir Verpackungsmüll oder lange Transportwege der Lebensmittel vermeiden wollen.

Ich kann die Tiere genau so halten, wie ich mir das vorstelle, ohne darauf vertrauen zu müssen, dass eventuelle Siegel zur gerechten Tierhaltung auch tatsächlich eingehalten werden. Allgemein pflegen wir einen engen Bezug zur Natur und zu den Jahreszeiten und ich kann selbst miterleben, wie viel mein Sohn an der frischen Luft mitkriegt und lernt, wenn ich ihn mit nach draußen in den Garten nehme.

Welche verschiedenen Pflanzen- und Tierarten züchtest Du zusammen mit Deiner Familie?

Wir bauen eigentlich alles an, was an Gemüse hier wächst und was wir gerne essen, von Möhren zu Weißkohl, Broccoli, usw. An Tieren halten wir Hühner und Ziegen, von denen wir wie bereits erwähnt Eier, Milch und Fleisch beziehen.

Welches ist das allgemeine Feedback zu Deinem Blog: triffst Du auf ein großes Interesse der Menschen?

Am Anfang hatte mein Blog ca. 12 Aufrufe im Monat, aber mittlerweile merkt man, dass Selbstversorgung ein Thema ist, was vielen Leuten sehr wichtig ist. Der Blog bekommt jetzt zwischen einer halben Million und einer Million Aufrufe im Monat und es ist einfach super, zu sehen, wie viele Leute sich dafür interessieren und wie viele eine Leidenschaft dafür entwickeln, in dem sie mehr lernen und mehr ausprobieren möchten. Das macht mich sehr glücklich!

Wie ist Deine persönliche Einschätzung zur Zukunft des Themas „Selbstversorgung“ und zur Entwicklung der Beziehung von Menschen und Landwirtschaft?

Man sieht eigentlich zwei große Tendenzen. Auf der einen Seite die Landwirtschaft, in der alles immer billiger werden muss, in der asaisonal produziert und konsumiert wird, in der fast nichts mehr regional gekauft wird, in der ein ziemlich gestörtes Verhältnis der Menschen zur Natur herrscht und in der viele Leute auch gar kein Bewusstsein mehr für dieses Verhältnis haben. Das führt dann zu tausenden Problemen, wie z.B. Verlust von Sortenvielfalt, Gentechnik, Pestizide und allgemeiner Verlust von Geschmack in Lebensmitteln zu Gunsten von Aussehen und Ertrag.

Dann gibt es diese zweite Bewegung von Leuten, denen der Bezug zur Natur immer wichtiger wird, die wieder mit den Händen in der Erde wühlen wollen, die wieder regional einkaufen. Es gibt kleine Betriebe, die mehr Handarbeit machen oder tolle Ideen, die entstehen, wie z.B. Agro-Forst, Humusaufbau zum Klimaschutz, Permakultur, usw. Ich glaube, dass es eben diese beiden Bewegungen gibt, aber auch, dass in diesen letztgenannten Ideen und Projekten noch ganz viel unentdecktes Potenzial steckt, das zu einer positiven Entwicklung führt.

In Deinem Blog steht: „Dabei ist es in meinen Augen keineswegs erstrebenswert, eine 100%ige Selbstversorgung zu erreichen. Viel mehr wünsche ich mir, dass an vielen Orten kleinstrukturierte Netzwerke zur regionalen Versorgung entstehen und neue Bindungen zwischen Menschen wachsen“. Könntest Du uns diese Idee etwas genauer erklären?

Ich halte dieses Grundkonzept für absolut sinnvoll, denn es muss ja nicht jeder zwangsweise z.B. seine eigenen Kartoffeln anbauen, sondern es ist schon durchaus genug, wenn das ein Landwirt in der Region übernimmt und die Leute eben bei ihm einkaufen, um ihn zu unterstützen und um eine gesellschaftliche lokale bzw. regionale Selbstversorgung aufzubauen.

Damit sind wir am Ende unseres Interviews gekommen. Ich bedanke mich herzlich für Deine Zeit und für Deine Freundlichkeit und wünsche Dir noch alles Gute für die weitere Zukunft!

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