Gemüseanbau ohne Wasser und Pflanzenschutzmittel?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellten die Landwirte fast 50 % der erwerbstätigen Bevölkerung. Heute sind es nur noch 2 %. Um die gesamte Bevölkerung zu ernähren, haben diese Landwirte keine andere Wahl, als ihre Produktivität zu steigern. Dies kann allerdings oft Folgen für die Qualität der Produkte und natürlich auch für die Umwelt haben. Der Gemüseanbau ist eine wichtige Grundlage für unsere Gesellschaft. Deshalb müssen wir uns nach nachhaltigeren und realistischen Alternativen zu den momentan populären Anbautechniken umschauen. Ein Extrapunkt hier ist außerdem ist die große Nachfrage: Menschen wollen immer mehr natürliche, frische und lokale Lebensmittel konsumieren.

Der Markt für Bioprodukte boomt, das Bundeslandwirtschaftsministerium bestätigt auch für 2021 einen Zuwachs beim Umsatz vom 5,8 Prozent. Frisches Obst und Gemüse gehören zu den ersten Produkten, die Bio gekauft werden. Verbinden Sie diesen Trend mit dem Wunsch nach regionalen Produkten, und die Nachfrage steigt noch weiter an.

Gemüseanbau ohne Bewässerung 

Während Deutschland und Europa in den letzten Jahren von einer starken Dürre heimgesucht wird, haben einige Gemüsegärtner eine Lösung gefunden: Sie gießen ihr Gemüse nicht! Die große Hitze und der Wassermangel sind absolut kein Problem. Es liegt an uns zu verstehen, wie die Natur ohne Wasser gedeihen kann, und diese Technik richtig anzuwenden.

Wenn wir ein paar Generationen zurückgehen, haben unsere Großeltern und Urgroßeltern das Land ohne Düngemittel, Pflanzenschutzmittel oder Bewässerungssysteme bewirtschaftet. Keine Geheimnisse, keine Magie. Manche Gemüsebauern ließen das Unkraut wachsen und vergruben es beim Pflügen. Mithilfe der Regenwürmer wird daraus der Dünger und das Wasser für das nächste Jahr.

Wir benötigen eine neue Landwirtschaft, die wenig Energie verbraucht und die Bodenstruktur regeneriert. Es ist an der Zeit, unsere Anbaumethoden zu ändern, um unser ökologisches Erbe zu erhalten. Wie können wir das schaffen? Durch eine Kombination aus alten Methoden, die von unseren Vorfahren verwendet wurden, als Wasser noch nicht alltäglich und Bewässerungskanäle eher selten waren.

Gerade beim Einsatz einer derartigen Strategie, ist es jedoch wichtig, einen Überblick über
das lokale Klima zu behalten.

„In den vergangenen Jahren konnten zunehmend regional stark variierende Niederschläge beobachtet werden. Bereits innerhalb eines kleinen Gebietes kann der Versorgungszustand große Unterschiede aufweisen. Besonders in Trockenperioden hat ein Wassermangel eine hohen Einfluss auf die Pflanzenentwicklung. Die Bewässerung sollte dementsprechend an Hand des höchsten Mangels durchgeführt werden. Allerdings ist eine Unterversorgung oft erst äußerlich ersichtlich, wenn bereits irreparable Schäden entstanden sind. Ohne eine Erfassung der genauen Mengen können Entscheidungen zur Bewässerung nicht optimal getroffen werden. Wetterdaten helfen dabei den Überblick zu behalten und Ressourcen dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden.“Johann Oevermann (Agvolution)

Aufrechterhaltung der Feuchtigkeit-Organismen

Die Mikroorganismen belüften den Boden und erhöhen so die Infiltrationskapazität für Wasser. Diese stille Schar kleiner Helfer lebt, stirbt und schwitzt und verleiht dem Boden zusätzlich eine konstante Feuchtigkeit. Man tut gut daran, Mikroorganismen auf seinem Boden zu kultivieren, bevor man Gemüse anbaut. Kompost, Mulch und Gründüngung bringen und vermehren diese und erleichtern das Leben des Gemüsebauers.

  • Humus kann enorm viel Wasser speichern (fast das Zehnfache seines Volumens), dieser Schwamm ist die kurz- und mittelfristig verfügbare Wasserreserve des Bodens. Das ist auch der Grund, warum einige konventionelle Landwirte den ganzen Sommer über bewässern müssen: Ihr Boden hat keine organische Substanz mehr. Unter guten Anbaubedingungen (Mulchen, keine Bodenbearbeitung, Vereinigungen etc.) ist ausreichend Humus vorhanden. Man kann ihn durch Kompost beigeben, wodurch auch Mikroorganismen hinzugefügt werden.
  • Lehm kann aufgrund seiner blättrigen Grundform langfristig viel Wasser speichern (er quillt auf, wenn er Wasser aufnimmt und zieht sich bei Trockenheit wieder zusammen). Bei sandigem, filtrierendem und daher lehmarmem Boden ist es daher sinnvoll, etwas Lehm hinzuzufügen.

Faneokultur oder Feuchtigkeit durch Heu 

Bei der Faneokultur handelt es sich um eine in Frankreich entwickelte landwirtschaftliche Methode. Sie eignet sich für den Anbau von Gemüse, Obst, Blumen und Wein. Es werden pflanzliche Abfälle und tierische organische Stoffe eingebracht, ohne dass die Bodenstruktur in irgendeiner Weise verändert wird. Die Faneokultur verzichtet ganz auf Wasserzufuhr.

Diese Art des Anbaus kann sich an alle Anbauweisen anpassen, sei es Obst-, Wein- oder Gemüseanbau. Aber auch an die Bepflanzungen von Kommunen und Gemeinden, die oft sehr wasserintensiv sind, können davon profitieren.

Es gibt auch eine andere, aber ähnliche Methode, bei der Kompost verwendet wird. Die Idee ist, ab September auf den alten Kulturen Heu und alle anderen Grünabfälle etwa 40 cm hoch anzuhäufen. Während der Winterzeit braucht man sich nicht darum zu kümmern. Man muss sie nur weiterhin mit den organischen Abfällen von Hühnern, Kaninchen usw. anreichern. Den ganzen Winter über stehen die alten Kulturen unter dem Einfluss von Frost, Regen und Schnee. Wenn es wieder wärmer wird, kann man Rasenschnitt und die Abfälle von Gräsern aller Art dazugeben.

Mit dieser Methode konnten wir feststellen, dass selbst bei strengem Frost das Innere des Heuhaufens feucht blieb und sich gleichzeitig die mikrobielle Fauna ernähren kann. Sie ist die ganze Saison über unabhängig von den Wetterbedingungen vorhanden. Außerdem blieb der Boden unter der Heudecke locker und wurde nicht von den Auswirkungen großer Kälte beeinträchtigt.

Es ist möglich, die Aussaat selbst vorzunehmen und das Heu beim Umpflanzen nur ein wenig zur Seite zu schieben. Im Folgenden ist es nicht notwendig, die Bodenstruktur zu bearbeiten: Das Gemüse übernimmt das selbst und breitet seine Wurzeln aus. Es verankert sich im Boden, um später die für seine Entwicklung notwendigen Nährstoffe aus ihm zu ziehen.

Gemüseanbau (fast) ohne Wasser

  • Unter dieser dicken Mulchschicht ist die Bodenfauna viel zahlreicher und arbeitet ständig an der Struktur des Bodens, indem sie ihn belüftet (Einzige Bedingung: Der Boden wurde nicht gepflügt).
  • Der Boden wird auch bei großer Hitze ständig befeuchtet.
  • Es ist einfacher, früher mit dem Anbau zu beginnen. Frost hat keinen Einfluss auf die Kulturen.
  • Während des Anbaus der Kulturen ist es nicht sinnvoll, Unkraut zu jäten. Denn es hilft den Pflanzen, die Feuchtigkeit zu bewahren und trägt mit seinen Wurzeln zur Strukturierung des Bodens bei. Es hat keinen Einfluss auf das Wachstum des Gemüses. Außerdem werden durch Unkräuter Schädlinge und Nützlinge angelockt und ein biodiverses System hergestellt.
  • Während des Anbaus werden keine Pflanzenschutzmittel oder Düngemittel verwendet.

Gemüseanbau ohne Pflanzenschutzmittel

Wir wissen, dass der ständige Verzehr von Lebensmitteln, die Spuren von chemischen Pflanzenschutzmitteln enthalten, eine Gefahr für unsere Gesundheit darstellen kann. Egal, ob wir biologischen Gemüseanbau im großen Stil oder auf unserem Balkon betreiben, es ist schwierig, unsere Pflanzen nur durch die Kraft des Gedankens frei von Insekten oder Krankheiten zu halten! Hier sind die verfügbaren Optionen, um ohne chemische Pflanzenschutzmittel und Insektizide anzubauen.

Natürliche Pflanzenschutzmittel 

Natürliche Stoffe werden unter dem Einfluss von Licht, Regen oder Hitze leichter abgebaut. Sie haben daher weniger Auswirkungen auf unsere Gesundheit und die Natur. Hier einige Beispiele für natürliche Pflanzenschutzmittel:

  • Brennnessel: wirksam als natürliches Insektizid
  • Schmierseife: Hilft bei der Kontrolle von Schildläusen, Raupen, Blattläusen und Spinnmilben.
  • Knoblauchjauche: Wenn Sie Probleme mit Kohlweißlingsraupen oder Weißen Fliegen haben, ist Knoblauchjauche ein guter Verbündeter!

Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln

Die Fruchtfolge wird von Landwirten im ökologischen Landbau eingesetzt, um die Gesundheit des Bodens zu erhalten, gute Ernten zu liefern und den Befall durch Schädlinge und Krankheiten zu verhindern. Wie der Name schon sagt, ist das Ziel, dass jede Kulturfamilie alle verschiedenen Teile des Feldes durchläuft und Wiederholungen vermieden werden.

Man kann auch auf die Natur zurückgreifen, um Schädlingsbefall und Krankheiten zu verhindern. Vögel, Insekten, Kräuter und sogar bestimmte Gemüsesorten können sichere und gesunde Mittel sein, um den eigenen Gemüsegarten zu schützen! Koriander, Basilikum und Calendula sind insbesondere wirksam gegen Weiße Fliegen. Petersilie, Minze und Zitronengras halten Blattläuse fern. Anis und Kapuzinerkresse sind natürliche Abwehrmittel gegen Schnecken und Nacktschnecken.

Erwartungen anpassen

Zu lernen, Unvollkommenheiten zu akzeptieren, ist ein Weg, seine Erwartungen zu dämpfen und zu akzeptieren, dass man Blätter essen kann, die zwar ein paar Löcher haben, aber auch voller Geschmack sind!

Das Ergebnis: gesündere Kulturen … und Gemüsegärtner, die zu den Garanten des natürlichen Gleichgewichts werden. 

Gute und schlechte Insekten

Bei Insekten setzt sich eine Lösung immer mehr durch: Nützlinge. Das Prinzip ist einfach: Man bringt die Fressfeinde der Insekten, die man bekämpfen will, auf die Kulturen. Der Marienkäfer ist zum Beispiel bekannt für seinen Appetit auf Blattläuse. Aber er wird nicht unbedingt am häufigsten eingesetzt. Es gibt zur Bekämpfung von Weißen Fliegen zum Beispiel Macrolophus pygmaeus (eine Raubwanze) oder encarsia formosa (Schlupfwespen). Alle diese Arten werden von spezialisierten Firmen verkauft.

Schatten für den Gemüseanbau schaffen

Schatten ist im Gemüseanbau unumgänglich, selbst in Regionen, die als „kühl“ eingestuft werden. Vor allem in den Sommermonaten, wenn die Sonne immer stärker scheint. Die Idee ist es daher, eine Schatten spendende Berandung zu schaffen, die unser Gemüse schützen und gleichzeitig unsere Erträge vervielfachen kann. Dabei haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

  • Durch Kombinationen: Schützen Sie Ihre empfindlichen Pflanzen vor der Sonne, indem Sie sie zwischen größeren Gemüsesorten pflanzen. Wenn Sie etwa Salate nördlich von Gemüse wie Kohl, Mais oder Kardonen säen, profitieren Sie von einem kühleren und schattigeren Mikroklima während der Sommersaison.
  • Der Hügelbeet-Effekt: Wenn Ihr Hügelbeet auf einer Ost-West-Achse angelegt wird, haben Sie also eine kühle, schattige Nordseite und eine heiße, trockene Südseite. Bevorzugen Sie die erste Seite für Kulturen, die im Sommer Kühle benötigen. Für die zweite Seite nehmen Sie Kulturen, die im Frühjahr früh und im Herbst spät angebaut werden. Man kann diesen Effekt noch verstärken, indem man auf der Spitze des Hügels voluminöses Gemüse anpflanzt.
  • Hecken pflanzen: Hecken haben viele Vorteile: Sie schützen vor Wind und Licht, lindern Hitze, sorgen für ein feuchteres Mikroklima, bringen Humus und mineralische Elemente in den Boden, dienen Nützlingen als Unterschlupf … Man kann Höhe, Zusammensetzung und Rolle variieren, indem man z. B. “Mikrohecken“ mit großem Gemüse und Stauden anlegt. Mittelgroße Hecken könne auch mit Sträuchern, Beerenobst oder Topinambur gestaltet werden.
  • Um Zeit und Platz zu sparen, kann man zeitweiligen Schatten schaffen: Schilfrohr, Schattenspender aus Schilf, Bambus, Zweigen, entlang von Mauern, Pergolen, Geflechte… Alles ist eine Frage des Kontexts und der Vorstellungskraft!

Permakultur: eine globale Antwort

Permakultur ist eine Anbauweise und eine Philosophie. Das Ziel ist es, die Natur und die Menschen zu pflegen und gerecht zu teilen. Mit anderen Worten: Kulturen und Lebensräume so zu gestalten, dass sie sich selbst erhalten und die Umwelt und die Lebewesen respektieren. Das bedeutet sich an der Funktionsweise von Ökosystemen und traditionellem Know-how zu orientieren.

Ein wichtiges Ziel hierbei ist der Schutz der Natur. Doch der Respekt vor der Umwelt ist nicht unvereinbar mit einem Überfluss an Nahrungsmitteln. Tatsächlich träumen einige Wirtschaftswissenschaftler und NGOs davon, den Hunger in der Welt zu beenden. Wie kann man das erreichen? Ihre Antwort: durch eine harmonische Verteilung des Reichtums und eine gerechte Aufteilung der Lebensmittel. Die Permakultur-Welt hat noch viel zu tun! So versuchen Permakulturisten, selbstversorgende Lebensräume zu schaffen und streben nach Autonomie. Sie hoffen, eine Fülle an Lebensmitteln zu erzeugen und auf diese Weise überschüssige Lebensmittel umverteilen zu können. Man spricht auch von Agrarökologie. Die beiden Begriffe sind verwandt und verwenden ähnliche Techniken. 

Schlussfolgerung

Die industrielle Landwirtschaft bedroht die biologische Vielfalt und die Bodenfruchtbarkeit. Daher müssen stabile und widerstandsfähige landwirtschaftliche Systeme geschaffen und entwickelt werden, sei es beim Gemüseanbau im großen Stil oder einfach zu Hause im Garten.

Wir müssen unser rigides Produktionssystem hin und wieder in Frage stellen, offen für andere Techniken sein und Innovation eine Chance geben.

“Je mehr wir unserem Obst und Gemüse helfen, desto fauler machen wir sie”. Wenn wir beim Gemüseanbau zu viel Wasser benutzen, wird außerdem der Geschmack verwässert. Oft ist es besser, Qualität statt Quantität zu bevorzugen! 

Ein lebendiger, gut ausbalancierter Boden ist die Voraussetzung für maximale Widerstandsfähigkeit.

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