Hallo Herr Saha, zuerst einmal haben Sie vielen Dank für Ihre Bereitschaft mit uns dieses Interview zu führen. Beginnend würde ich Sie darum bitten “Smart Cloud Farming” vorstellen?
Smart Cloud Farming ist ein junges Start-Up, Unternehmen in Berlin. Wir beschäftigen uns mit dem Thema Bodengesundheit und Bodenmanagement. Dafür verwenden wir Satellitenbilder und Aufnahmen mithilfe von Drohnen, also hyperspektrale Bilder beispielsweise, damit wir möglichst viele Daten von dem Boden bekommen, um diese dann analysieren und anschließend 3D-Bodenkarten erstellen zu können. Unser Fokus liegt auf Bodenkarten für Bodenfeuchtigkeit, wo wir bis zu 90cm in die Tiefe Informationen bereitstellen wollen. Den organischen-gebundenem Kohlenstoff im Boden, also soil organic carbon (SOC), diesen können wir momentan bis zu 30cm unterhalb der Oberfläche ermitteln. Weiterhin können wir auch das Vorhandensein von Bodennährstoffen, wie Stickstoff oder Nitrite, Phosphor und Kalium ermitteln. Von diesen drei Karten sind die SOC-Karten in der Entwicklung am fortgeschrittensten sowie die für Bodenfeuchtigkeit.
Unser Ziel ist, dass wir unseren Kunden ein Dashboard anbieten, das sie es je nach ihren Bedürfnissen anpassen können, somit das Bodenmanagement überschaubarer und leichter wird. Das große Ziel ist mit den 3D -Karten das Unsichtbare sichtbar machen, das Schwer zu verstehende einfach verständlich zu machen und den ständigen Konflikt zwischen Rentabilität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu beseitigen. Wir wollen zeigen, dass mithilfe unser Bodenkarten und dem angebotenen Bodenmanagement auf dem Dashboard Rentabilität und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sein muss.
Wie kamen Sie auf die Idee, die zur Gründung des Unternehmens geführt hat?
Die Idee zu Smart Cloud Farming kam von meinem Mitgründer Michele. Michele hat familiären Hintergrund in der Landwirtschaft und ist ein Pflanzenbiotechnologe. Er hat in der Entwicklung der Landwirtschaft beobachtet, dass immer mehr Wert auf Navigation gelegt wird, dass die Traktoren oder andere landwirtschaftliche Maschinen mithilfe von GPS sich selbstständig steuern können, allerdings fehlte es an Daten, die tatsächlich in der Landwirtschaft gebraucht wird. Das sind Daten von Boden oder Böden. Deshalb wollte er sich auf den Boden konzentrieren, weil dieses Element erstens seiner Meinung nach nicht ausreichend viel Beachtung findet, und zweitens ein wesentlicher Bestandteil, wenn wir von profitabler und nachhaltiger Landwirtschaft sprechen wollen, ist. Außerdem gibt es auch schon viele Start-Ups, die sich mit dem Thema Pflanzen und Pflanzengesundheit beschäftigen, aber wenige, die sich mit dem Thema Boden befassen. Das ist erstmal die Hauptmotivation gewesen.
Aus dieser Motivation entstanden viele Interaktionen und Austausche um die Idee der 3D-Bodenkarten. Dieses Jahr sind wir auf die Idee gekommen, diese Karten in ein Dashboard zu integrieren, sodass alles an einer Stelle zu finden ist. So können die Nutzer selber entscheiden, welche Bodenkarte sie nutzen wollen und welche Entwicklungen sie verfolgen wollen.
Wieso sollte ein Landwirt seinen Boden, den er landwirtschaftlich nutzt, durch Ihre 3D-Technologie analysieren lassen?
Die Gründe sind eigentlich sehr einfach. Erstens, wenn der Landwirt weiß, wie der Boden beschaffen ist, kann er auch die richtigen Entscheidung in Hinblick auf die Verbesserung des Bodens treffen. Zweitens kann er dabei nicht nur durch eine optimierte Verwendung von Düngemitteln eine Menge Geld sparen, er kann auch viel Zeit sparen. In Gesprächen mit Landwirten hat es sich gezeigt, dass Landwirte sehr beschäftigt sind und sich zeitsparende Lösungen wünschen. Drittens ist zu sagen, dass, wenn der Boden langfristig gesund ist, der Landwirt auch langfristig höhere Erträge hat, wodurch die Rentabilität wieder deutlich erhöhen lässt.
Bald wird auch mit dem “Carbon-Farming”, also der Speicherung von Kohlenstoff im Boden, angefangen, mit dem ein neues Geschäft entstehen wird. Die Regierungen weltweit wollen entsprechende Gesetze, die dies begünstigen, verabschieden. Wenn Landwirte unsere Bodenkarten in Anspruch nehmen, können sie nachweislich zeigen, wie viel Kohlenstoff in ihrem Boden gespeichert wird, wodurch der Boden fruchtbarer und die Biodiversität ansteigen wird. Zweitens werden landwirtschaftliche Emissionen durch die Kohlenstoffspeicherung im Boden auch deutlich runter gehen, womit die Umweltauflagen erfüllt werden können.
Könnten Sie genauer erklären, wie das Verfahren von “Smart Cloud Farming” funktioniert und welche Unterschiede in Ihren Produkten bestehen?
Alle drei Produkte sind momentan in der Entwicklung. Die SOC- sowie die Bodenfeuchtigkeitskarten bieten wir im Moment als Service an. Das heißt, dass der Kunde das Produkt nicht selbst benutzen kann, sondern die Ergebnisse unser Analysen zugeschickt bekommt. Die Funktionsweise ist wie folgt: wir haben entsprechende Algorithmen für die jeweiligen drei Produkte. Anhand Satellitenbilder und Bodendaten, das heißt Daten von Sensoren oder Laboranalysen, trainieren wir unsere Algorithmen. Nach einiger Zeit sind die Algorithmen in der Lage alleine mit Hilfe von den Satellitenbildern die Werte zu ermitteln. Das bedeutet, wir trainieren die Algorithmen und berechnen Korrelationen zwischen den Werten auf der Oberfläche und denen die unterhalb der Oberfläche. Somit verbessern wir stetig unser Modell.
Zuletzt würde ich Sie gerne fragen, wie Sie die Zukunft der Landwirtschaft in Europa oder auch global sehen und welche Rolle Sie beziehungsweise “Smart Cloud Farming” in dieser spielen wollen?
Ich glaube, dass es in Europa ein wenig schwierig ist, eine kohärente Landwirtschaftspolitik zu etablieren, da es Zuschüsse der EU und die unterschiedlichen Länder gibt, die unterschiedliche Interessen vertreten. Ich denke, dass die Veränderungen in Europa auf der Marktebene ziemlich langsam sein wird, weil die Prozesse einfach zu lange dauern. Wenn die Landwirtschaft innerhalb der Europäischen Union zukunftsweisend gestaltet werden sollte, was für uns auch bedeutet, dass es profitabel wird, dann bedeutet es im Gegenzug auch deutlich weniger Zuschüsse bzw. Subventionen.
Es sollten meiner Meinung nach neue Gesetze verabschiedet werden, die strukturelle Reformen in Europa unterstützen. Wenn wir ins Ausland schauen, dann sehen wir bereits, dass in Ländern wie den USA oder Brasilien schon viel Wert auf den organischen Kohlenstoff legen. Auch das Thema Bodenfeuchtigkeit und optimalen Bewässerung von Böden ist vor allem ein wichtiges Thema im Nahen Osten. Hier haben wir bereits erste Anfragen von Regierungen bekommen, weil dort Wasser ein knappes Gut ist, und sie das Wüstenland zu landwirtschaftlichen Zwecken nutzen wollen und somit schonend bewässern müssen.
Ich denke, dass auch in Europa das Thema Bewässerung an Bedeutung gewinnen wird, weil wir in den vergangenen Jahren immer wieder Trockenheitsperioden gesehen haben. Das spielt uns in die Hände. Die Landwirte und die Politik erkennen es an, wie wichtig es ist, Ackerland optimal und bedarfsgerecht zu bewässern.
Unser Ziel ist es, den Boden der Welt mit unserem System zu kartieren, sodass wir 3D-Karten für unterschiedlichen Bodentypen und -beschaffenheiten erstellen und diese auch laufend aktualisieren können. Somit wollen wir eine Datenbasis schaffen, die ein wissenschaftliches Management des Bodens ermöglicht und attraktiv macht. Ich denke, unser größter Einfluss wird sein, dass wir das Bodenmanagement vereinfachen werden. Wenn wir es nicht vereinfachen, wird es ein nebulöses Thema bleiben und somit wird auch kein Interesse gezeigt, den Boden wissenschaftlich und professionell zu verwalten. Ich glaube, dass das unser großer Beitrag sein wird.
Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen sowie Ihrem Unternehmen für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg.