Super Coop Berlin, der kooperative und nachhaltige Supermarkt

Schönen guten Tag Johanna, zunächst einmal vielen Dank für deine Zeit und deine Bereitschaft dieses Interview mit mir zu führen. Beginnend würde ich dich gerne bitten “SuperCoop” vorzustellen.

Gerne! SuperCoop ist ein genossenschaftlicher, gemeinschaftlicher Supermarkt, in dem jeder, der dort einkauft, auch Mitglied ist. Das heißt, alle Mitglieder kaufen einen Genossenschaftsanteil, sind somit Anteilseigner*innen der Genossenschaft und können dadurch im Supermarkt einkaufen, Das besondere ist, dass jedes Mitglied auch drei Stunden im Monat mithilft. Durch diese Kooperation und Gemeinschaftsarbeit, die alle leisten, stellt man zum einem eine ganz andere Beziehung zu dem ganzen Thema Ernährung her, weil man sich damit konkret auseinander setzt. Zum anderen sparen wir als Genossenschaft natürlich auch Lohnkosten dadurch ein, dass 75% der Arbeit durch die Mitglieder selbst erledigt wird, was sich dann in attraktiven Preisen für faire und nachhaltige Produkte widerspiegelt. 

Wie seid ihr auf die Idee, die zur Gründung von “SuperCoop” Berlin geführt hat, gekommen?

Die Idee von einem kooperativen Supermarkt kommt eigentlich aus New York, da gibt es die Park Slope Food Coop bereits seit 1973. Dieser Supermarkt hat mittlerweile 17.000 Mitglieder auf 1.700m². Sie machen das zehnfache an Umsatz pro Quadratmeter im Vergleich zu anderen Supermärkten in New York, weil sie über die Jahre so stark gewachsen sind. Über dieses besondere  Konzept hat der Amerikaner Tom Boothe, der schon sehr lange in Paris lebt, einen Dokumentarfilm gedreht und hat sich danach gesagt “Hey, so etwas brauchen wir auch in Europa, das brauchen wir auch in Paris”. 2016 hat er dann “La Louve” in Paris gegründet. Sie haben mittlerweile 7.000 Mitglieder auf 1.400m² und ein  Vollsortiment, das nach den kooperativen Prinzipien funktioniert. Das wiederum hat uns inspiriert, das Modell auch nach Berlin zu bringen.

Nun wollen wir das Konzept an den deutschen Markt anpassen und es in Deutschland umsetzen. Es haben sich mittlerweile auch weitere Initiativen in Deutschland zusammengefunden – in Köln, München und Frankfurt. Wir wollen das Open Source Modell in Deutschland testen und anpassen und hoffen, dass es sich dann auf viele weitere Städte ausweitet.

Wir wollen auch nicht überall in Deutschland SuperCoop Ketten aufbauen, sondern sehen uns als sehr lokales Projekt, was lokal auch gerne von anderen repliziert und somit besser an die regionalen Umstände angepasst werden soll. Wir werden die Genossenschaft erst offiziell im Oktober gründen, bis jetzt läuft unser Prototyp – eine kleine Einkaufsgemeinschaft – noch unter einer GbR, welche es ungefähr seit einem Jahr gibt. Der Auftakt des Projekt war 2019 mit unser Crowdfunding-Kampagne, bei der knapp 500 Interessierte das Projekt unterstützt haben.

Welche Produkte bietet ihr in eurem Supermarkt an und wie setzt sich der Preis der Produkte zusammen? 

Wir planen einen Supermarkt mit Vollsortiment.- also mit Frischware, verarbeiteten Produkten und auch einem Non-Food Bereich mit Hygiene- und Haushaltsware. Deswegen werden wir direkt mit Landwirten, aber auch mit Großhändlern zusammenarbeiten. In der Zukunft wollen wir dann Stück für Stück schauen, wie können wir bessere Beziehungen aufbauen und den Anteil am Direkthandel steigern. Da sind ganz viele verschiedene Faktoren, die wir auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit gegeneinander abwägen. Wenn wir beispielsweise auf Regionalität und Direktvermarktung achten, müssen wir gleichzeitig beachten, dass es auch nicht ökologisch ist, sehr viele kleine LKWs und Transporter in die Stadt fahren zu lassen. 

Zu der Frage, wie sich unser Preis zusammensetzt: ir haben eine fixe transparente Bruttomarge auf alle Produkte, die bei ca. 20% liegen wird. Also keine verschiedenen Margen auf verschiedene Produkte, wie es normalerweise im Einzelhandel der Fall ist. Das führt dazu, dass Konsument*innen viel besser nachvollziehen können, wie viel Produkte im Einkauf eigentlich kosten. 

Welche Zielgruppe habt ihr? Wie erreicht ihre diese, sprich welche Vertriebskanäle nutzt “SuperCoop”?

Gerade am Anfang merken wir, dass wir viele Menschen ansprechen, die sich schon für nachhaltige Ernährung und solidarisches, gemeinschaftliches Wirtschaften interessieren. Aber es ist uns auch sehr wichtig, diverse Zielgruppen anzusprechen. Unsere Einkaufsgemeinschaft hat gerade 70 Mitglieder, die aus sehr unterschiedlichen Bereichen und auch Altersgruppen kommen. Wir glauben, dass Ernährung viele unterschiedliche Menschen zusammenbringen kann! Weiterhin arbeiten wir auch daran, Zielgruppen einzubinden, die sich noch nicht so viel mit nachhaltiger Ernährung beschäftigen, aber den gemeinschaftlichen Gedanken interessant finden. SuperCoop ist ein nachbarschaftliches Projekt, das für die Mitglieder existiert, für die Nachbarschaft da ist und somit auch solidarisch unterstützt. So rückt die Nachhaltigkeit für eine gewisse Zielgruppe aus dem Fokus und es wird mehr Wert auf die Nachbarschaftlichkeit gelegt, was dabei dann wie nebenbei nachhaltigen Konsum fördert.
SuperCoop ist deshalb auch ein Projekt für Menschen, die sich vielleicht aus preislichen Gründen oder wegen zu wenig Informationen nicht gesund und nachhaltig ernähren. Unser Ziel ist es, mehr Menschen den Zugang zu guter Ernährung zu ermöglichen. 

Neben unseren online Kommunikationskanälen, haben wir einmal pro Woche eine Infoveranstaltung und planen eine verstärkte Zusammenarbeit mit lokalen Nachbarschaftsinitiativen und -vereinen, um weitere Menschen zu erreichen.

Abschließend würde uns sehr interessieren, welche Projekte und Ziele ihr für die Zukunft habt, sowie wie Initiativen und Unternehmen wie SuperCoop die Ernährung und vielleicht auch die Landwirtschaft von morgen verändern können? 

Wir sehen uns definitiv als Teil dieses Ökosystems Ernährung, weil wir mit unserem Konzept dazu beitragen, dieses nachhaltiger zu gestalten. Uns ist es wichtig, unternehmerisches Handeln und gesellschaftliche Verantwortung zusammenbringen. Wir haben das Projekt aus sozialen und ökologischen Gründen gestartet, aber wollen auch, dass es sich langfristig finanziell trägt.Um nachhaltige Ernährung und bessere Vermarktungskanäle zu erreichen, nutzen wir unternehmerische Mittel. Das ist in der Genossenschaft sehr gut möglich, da das definierte Ziel die Förderung der Mitglieder ist. Deswegen sehen wir uns auch als Sozialunternehmen, da das Lösen einer gesellschaftlichen Herausforderung ganz klar im Vordergrund steht. 

Wir glauben, dass es noch mehr Beispiele für solche Unternehmen braucht, an denen sich andere auch wieder orientieren können. Und auch die Replizierbarkeit muss gestärkt werden, also wie das Modell auch in andere Regionen und Bereiche übertragen werden kann. 

Auch wenn wir nur ein kleiner Teil in einem großen, teils kaputten System sind, tragen wir von Anfang dazu bei, dass sich mehr Geld in solidarischen Kreisläufen bewegt. Und, dass es immer mehr Abnahme für gute, ökologische Produkte aus fairen Handelsbeziehungen gibt. 

Ich danke dir sehr herzlich für deine Zeit und wünsche dir sowie SuperCoop alles Gute für die Zukunft und weiterhin viel Erfolg.

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