Kaninchen züchten: alles, was Sie wissen sollten

In der Menschheitsgeschichte ist die Domestizierung von Tieren kein neues Phänomen. Die Tierhaltung ist das Ergebnis einer Symbiose zwischen Mensch und Tier, ein Zusammenleben mit Vorteilen für beide Seiten. Diese Angewohnheit ist etwa 10 000 Jahre alt und soll dem Anbau von Pflanzen vorausgegangen sein. Erst die Klimaerwärmung am Ende der Eiszeit machte es möglich, dass die Menschen sesshaft wurden und auch die Landwirtschaft geboren wurde. In Deutschland betrifft die Viehzucht vor allem Schafe, Schweine, Rinder … aber auch Kaninchen züchten ist keine Seltenheit!

Die Kaninchenzucht entspringt der Haltung von Hauskaninchen. Sie entwickelte sich ab dem Mittelalter in Europa, kam aber erst in jüngster Zeit richtig in Schwung. Ihr Hauptzweck heutzutage ist die Produktion von Fleisch, aber auch von Angorawolle oder Pelzen sowie die Versorgung von Laboren mit Tieren für Experimente und Forschung.

Die Produktion von Kaninchenfleisch spielt sich hauptsächlich in anderen Mitgliedstaaten der EU ab, nämlich in Frankreich, Italien, Portugal, Spanien und Ungarn. Ein weiterer wichtiger globaler Produzent ist China. In Deutschland werden im Jahr nur etwa 33.000 Tonnen Kaninchenfleisch produziert, da auch der Konsum, mit ungefähr 0,5 Kilogramm pro Jahr, relativ gering ist.

Die deutsche Kaninchenzuchtbranche ist in zwei Produktionssysteme unterteilt: Die familiäre oder traditionelle Zucht und Mast, die auf den Eigenverbrauch ausgerichtet, eine wenig intensive Praktik darstellt, sowie die konventionelle Kaninchenmast. Letzteres betrifft große Zuchtbetriebe mit einem sehr kurzen Produktionszyklus, der eine hohe Produktivität ermöglicht. Die meisten Betriebe sind sowohl Züchter, wo sich die Zibben, also weiblichen Kaninchen, vermehren, als auch Mäster, wo die Kaninchen heranwachsen, bevor sie zum Schlachthof gebracht werden. Die Haltung von Mastkaninchen zeichnet sich hauptsächlich durch die Haltung in sogenannten Batteriekäfigen mit hohen Besatzdichten von 15 bis 20 Kaninchen/m ² aus.

Kaninchen züchten: der Anfang

Um mit der Zucht zu beginnen, sind solide Kenntnisse unerlässlich. Dies ist eine wichtige Grundlage für eine gesunde Zucht. Kaninchen zu züchten ist daher in erster Linie für Profis und nicht für Amateure geeignet. Seit geraumer Zeit haben einige Kaninchenzüchter auch mit der Zucht von Hauskaninchen begonnen, um diese dann an Privatpersonen oder Zoohandlungen weiterzuverkaufen.

Wenn Sie Anfangen wollen Kaninchen zu züchten, ist die richtige Wahl der Kaninchenrasse von entscheidender Bedeutung. Sie muss passend sein für die gewünschte Nutzung, den verfügbaren Platz, Ihr Material und natürlich Ihr Budget.

Ob bei der Fortpflanzung oder in der Wachstumsphase, Kaninchen haben besondere Bedürfnisse, die für ihr Gleichgewicht und ihre gute Entwicklung erfüllt werden müssen. So benötigt das Kaninchen den Freiraum, sich zu bewegen, sich aufzurichten, zu springen und aktiv zu sein. Es benötigt außerdem angemessenes Futter und soziale Kontakte. Zudem braucht es auch eine strukturierte Umgebung und einen geeigneten Boden, damit es sich zurückziehen und ausruhen kann.

Das passende Gehege

  • Die am häufigsten empfohlene Aufzuchtmethode ist die mit Freilauf. Sie ermöglicht, die Kaninchenzucht in einer gesunden und natürlichen Umgebung und fördert das Wohlbefinden der Tiere.
  • Eine Haltungsmethode, die eher für große Betriebe geeignet ist, ist der Kaninchenstall. Er schützt die Tiere nicht nur vor Wetter, sondern auch vor Raubtieren. Um ein Männchen, ein Weibchen oder sogar Jungkaninchen aufzunehmen, müssen Sie Ihren Kaninchenstall am richtigen Ort aufstellen: nicht zu viel Lärm, schwache Beleuchtung, eine Temperatur zwischen 15 und 20 °C (für Babys sollte das Nest etwa 29 °C haben) und eine Luftfeuchtigkeit, die 80 % nicht übersteigt.
  • Je nach Ziel des Kaninchenzüchters kommt auch die Käfighaltung infrage:
    • Der Zuchtkäfig ist ein Käfig, in dem das weibliche Kaninchen mehrere Wochen lang bis zur Entwöhnung ihre Jungtiere wirft, füttert und versorgt. Ob draußen oder drinnen, der Zuchtkäfig muss groß genug sein, um alle zukünftigen Babys aufzunehmen.
    • Der Männchenkäfig hingegen dient der Unterbringung des männlichen Kaninchens. In diesem Käfig sollten die Deckungen stattfinden.
    • Der Mastkäfig schließlich ist für die Aufzucht von entwöhnten Jungkaninchen gedacht. Sie sollten darauf achten, dass der Käfig für die vorgesehene Anzahl der Kaninchen ausreicht.

Hygiene ist hierbei, vor allem im Stall, das A und O!

So können Sie die Entstehung tödlicher und ansteckender Krankheiten verhindern:

  • Reinigen und desinfizieren Sie Ihre Gehege regelmäßig mit passenden Mitteln (dies gilt ebenfalls für Zuchtmaterialien und Zubehörteile).
  • Entfernen Sie täglich den Kot aus den Gehegen. Die Einstreu solle jede Woche erneuter werden.
  • Um Ihre Kaninchenzucht vor bestimmten schweren Krankheiten zu schützen, können Sie Ihre Tiere z. B. gegen Myxomatose oder HDV impfen

In der Kaninchenzucht wird in der Regel eine große Menge an Antibiotika eingesetzt, hauptsächlich in der Mutterschaft, um Problemen mit hoher Sterblichkeit entgegenzuwirken. Das Kaninchen ist somit in Deutschland die Tierart, die den meisten Antibiotika ausgesetzt ist.

Gesetze in der Kaninchenzucht

Im Jahr 2014 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einige Regelungen für Kaninchen ergänzt. Hierdurch werden die Haltungsbedingungen in der gewerblichen Kaninchenzucht verbessert. Die Gestaltung der Haltungseinrichtungen orientiert sich nun mehr an den Bedürfnissen der Tiere, sie dürfen zum Beispiel nicht isoliert gehalten werden. Auch typisches Verhalten wie Nagen, Scharren oder Graben muss möglich sein. Besonders zu beachten: Ein Grenzwert für den Ammoniakgehalt der Luft wurde eingeführt. Zudem sind Mindestgrundflächen für die Haltung von einem oder mehreren Kaninchen einzuhalten. Zu entnehmen sind diese Werte, aufgeschlüsselt auf Rassegrößen, Haltungs- und Nutzungsformen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), Abschnitt 6.  Allerdings wurde den Besitzern von bestehenden Anlagen eine Übergangsfrist von 10 Jahren gewährleistet. 

Es werden Kontrollen von Amtstierärzten durchgeführt. Hierbei werden die Unterbringungsbedingungen, der Allgemeinzustand der Tiere und eventuell geleistete tierärztliche Versorgung überprüft. Bei einer Kontrolle prüft der Amtstierarzt z. B., ob die Kaninchen Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität haben und ob sie nicht krank sind, keine Schmerzen haben und angemessen gepflegt werden. 

So erfahren Sie, wie die Kaninchen gezüchtet werden

  • Haltungsform: In Deutschland können sich Verbraucher beim Fleischkauf in vielen Supermärkten an den Haltungsformen 1 bis 4 orientieren. Andere Labels wie die Initiative Tierwohl betreffen bisher nicht die Kaninchenzucht.  
  • BreFood Rabbit Care Standard: Seit über 10 Jahren ist der Rabbit Care Standard der absolute Vorreiter bei der tiergerechten Kaninchen-Bodenhaltung. Die Anforderungen der „Stallhaltung Plus“ werden erfüllt und häufig übertroffen. Das System wurde mehrfach von Tierschutzorganisationen ausgezeichnet. 
  • Label Rouge: Das französische Label erlangt auch in Deutschland immer mehr Bekanntheit. Die Bedingungen in der Aufzucht sind ähnlich wie bei der konventionellen Aufzucht. In der Mast hingegen werden die Kaninchen in 2,5 m ² großen Gehegen mit einer Besatzdichte von 10 Kaninchen/m ² gehalten.
  • Bio-Siegel: Die Kaninchen werden in mobilen Käfigen inmitten von Weiden oder zur Mast in großen Gehegen gehalten. Bio-Siegel garantieren hohes Tierwohl. In den meisten Zuchtbetrieben herrscht dort jedoch eine hohe Sterblichkeitsrate von rund 40 %.

Ein alternatives System, das zwischen konventioneller und biologischer Tierhaltung angesiedelt ist, wäre denkbar. Ein anschauliches Beispiel sind die Label-Rouge zertifizierte Betriebe. 

Herausforderungen beim Kaninchen züchten

Das Züchten von Kaninchen steht in verschiedenen europäischen Ländern vor vielen gemeinsamen Herausforderungen. Der Rückgang des Fleischkonsums im Allgemeinen und des Kaninchens im Besonderen wirkt sich direkt auf die wirtschaftliche Gesundheit der Branche aus: Kaninchenfleisch begeistert junge Menschen nicht. Heutzutage möchte man schnelle und einfache Gerichte, was mit Kaninchenfleisch oft schwierig umzusetzen ist. Des Weiteren sind starke gesellschaftliche Erwartungen in Bezug auf den Tierschutz oder den Einsatz von Antibiotika zum Gegenstand von Diskussionen auf europäischer Ebene geworden, teilweise auf Anregung und Druck von Tier- und Umweltverbänden. 

Einige EU-Länder (Belgien, die Niederlande und Ungarn) haben sich auf eine Produktion mit anspruchsvollen Tierschutzstandards ausgerichtet. Andere, wie Italien oder Spanien, planen eher Investitionen in moderne und wettbewerbsfähige Produktionsanlagen, obwohl Italien vor Kurzem einen Schritt in Richtung parkähnlicher Gehege unternommen hat. Hierbei nimmt die französische Branche einen mittleren Platz in der europäischen Landschaft ein. Das gute technische Niveau ermöglicht wettbewerbsfähige Produktionskosten, dank leistungsstarker Züchter, die von ihren Produktionsstrukturen, Züchtern, Ernährungsfachleuten oder auf Kaninchen spezialisierten Tierärzten begleitet werden. Ebenso haben sich die französischen Akteure ab 2012 kollektiv und erfolgreich für die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes eingesetzt, was in Europa nach wie vor ein Vorbild ist. In Deutschland wird nach wie vor eher auf Effizienz gesetzt.

Tierschutz ist ein schwer zu messender Begriff, der mehrere Aspekte umfasst. Die Art der Unterbringung gehört natürlich dazu. Aber der Begriff umfasst auch die sogenannten fünf Freiheiten: nicht hungern und dursten, keinen körperlichen Zwang erleiden, frei von Schmerzen und Krankheiten sein, Freiheit, normale Verhaltensweisen auszudrücken und vor Angst und Not geschützt sein.

Gesunde Kaninchen züchten! Auf dem Weg in eine tierfreundlichere Zukunft

Die Haltung von Kaninchen sollte ihnen soziale Kontakte, ausreichend Platz zum Ausleben ihres Bewegungsverhaltens und verschiedene Aktivitäten ermöglichen, um stereotype Verhaltensweisen zu vermeiden.

  • Während der Aufzucht: In der Aufzucht scheinen derzeit Einzelgehege oder ausgestaltete Käfige die einzige denkbare Alternative zu sein. Die vielen aggressiven Verhaltensweisen, die es zwischen Zibben gibt, wenn sie in Gruppen gehalten werden, sind nämlich ein Hindernis für die Entwicklung von Gehegen für eine mögliche Gruppenhaltung. Diese ausgestalteten Käfige wären mit Zwischenböden, Bodengittern sowie Nagematerial ausgestattet.
  • Während der Mast: Die Verwendung von Käfigen wurde weiterentwickelt, um eine Mast pro Wurf zu ermöglichen. Gegenwärtig ist diese Praxis insbesondere aufgrund der zunehmenden Wurfgröße nicht mehr verbreitet. Die Verwendung von Ausläufen ist daher eine gute Alternative, die den Kaninchen mehr Bewegungsfreiheit bietet.

Eine der wichtigsten Überlegungen wenn es um das Kaninchen züchten geht, ist derzeit die Unterbringung der Kaninchen. Heutzutage können Alternativen zu Standardkäfigen verwendet werden, z. B. „Wohlfühlkäfige“. Diese Käfige sind mit spalten artigen Bodengittern ausgestattet, damit die Kaninchen abwechselnd auf verschiedenen Untergründen laufen können. So werden Verletzungen an den Pfoten vermieden. Sie haben auch ein Zwischengeschoss, damit sich die Mutter jederzeit von den Jungtieren absondern kann, da die Häsin ihre Jungen normalerweise nur ein- bis zweimal am Tag besucht, um sie zu füttern. Außerdem können in den Käfigen Beschäftigungsmöglichkeiten hinzugefügt werden, um das Lebensumfeld der Kaninchen zu bereichern. 

Vereine rund ums Kaninchen züchten

In Frankreich gibt es mehrere Projekte für eine artgerechte Haltung in der Kaninchenmast. 3L (Living Lab Lapin) sieht ein Haltungssystem unter Berücksichtigung des Sozialverhaltens vor, in dem die Kaninchen ihre natürlichen Verhaltensweisen (Aufrichten, Nagen, Springen) besser ausleben können.

Seit 2017 hat der Verein „Éleveurs et bien“ (Züchter und Gut) eine neue, alternative Art der Kaninchenzucht mit einem Hauptaugenmerk auf den Tierschutz eingeführt. Die Kaninchen werden in Bodenhaltung in großen Gehegen gehalten. Sie können ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben und haben mit Rückzugsmöglichkeiten, wenn sie sich zurückziehen wollen. Dieses innovative Projekt führte zur Schaffung der Marke „Kaninchen & Gut“. Unter diesem Namen werden die Produkte der beteiligten Züchter vermarktet.

Auch in Deutschland gibt es Familienunternehmen, die sich um eine artgerechte Haltung bemühen und ihre Premium-Produkte oft direkt vermarkten. Die neuen Auflagen machen die Aufzucht aber immer komplizierter. Diesen hohen Anforderungen können nicht alle Betriebe gerecht werden. Schon jetzt wird ein Großteil des Kaninchenfleisches nach Deutschland importiert. Die Zukunft der konventionellen Kaninchenzucht in Deutschland ist also ungewiss.

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