Um hochwertige Wolle zu erhalten, bedarf es qualitativ hochwertiger Schafe. Diese werden vom Schäfer oder von der Schäferin betreut. Davon gibt es jedoch immer weniger. Der Beruf, der keine Feierabende oder Urlaube kennt und zudem leider oft schlecht entlohnt ist, findet nur bei Leuten mit der richtigen Leidenschaft Anklang.
Was macht ein Schäfer?
Die Arbeit eines Schäfers oder einer Schäferin zählt zu den ältesten und vielfältigsten Berufen. Schon in der Bibel und vielen alten Geschichten und Überlieferungen spielt der Schäfer eine wichtige, oft auch symbolische Rolle. dabei wird er oft mit dem typischen Schäferstab, der auch heute noch oft zum Einsatz kommt, dargestellt.
Ihr Einkommen generieren sie durch die Vermarktung von Schafprodukten wie Fleisch, Milch und Wolle sowie durch Landschafts- oder Deichpflege. Das bedeutet, dass ihre Schafe Flächen beweiden, die entweder anders nicht wirtschaftlich kurz gehalten werden können oder von der Beweidung ökologisch profitieren. Dies betrifft beispielsweise Heideflächen, auf denen die Heidepflanzen geschnitten oder abgebissen werden müssen, um ein Verholzen zu verhindern und das Blühen zu ermöglichen.
Ähnliches gilt für die Deichpflege. Das Gras muss kurz gehalten werden, da sich keine Bäume und Sträucher ansiedeln dürfen, um die Struktur des Deiches nicht zu lockern. Die Schafe trampeln zudem mit ihren Hufen den Deich fest und verschließen Mauselöcher. Dies wird als der “goldene Tritt” bezeichnet.
Die Dauer der Beweidung von bestimmten Flächen wird zwischen dem Schäfer und den Eigentümer*innen oder Pächter*innen verhandelt.
Zusätzlich kümmern sich Schäfer*innen natürlich um das Wohlergehen ihrer Tiere, pflegen kranke und schwache Tiere, stehen bei Geburten zur Verfügung, unterstützen bei der Aufzucht der Lämmer, suchen geeignete Futterplätze und schützen die Herde vor Gefahren.
Der Schäfer und seine schwierigen Arbeitsbedingungen
Im Durchschnitt arbeiten Schäfer weit unter dem Mindestlohn und unter extremen Arbeitszeiten, besonders wenn sie selbstständig sind. Leider gibt es viel zu wenige angestellte Schäfer. Deichverbände könnten sie jedoch anstellen und ihre “Dienstschafe” zur Beweidung der Deiche einsetzen.
Die Vielfalt dieses Berufs nimmt jedoch ab: Nur wenige Schäfereien schlachten noch selbst (oder dürfen selbst schlachten), und die meisten Schäfer scheren nur einzelne Tiere zwischendurch selbst. Die Vermarktung der eigenen Produkte kommt aufgrund von Zeitmangel oft zu kurz. Beim Verkauf von lebenden Tieren an Fleischhändler und dem Einsatz von professionellen Schertrupps sinken die Erlöse erheblich. Die Einnahmequellen versiegen nach und nach.
Früher konnten Schäfer*innen ihr Einkommen durch den Verkauf von Wolle aufbessern, aber heute bringt Schafwolle kaum Gewinn mehr ein. Im Gegenteil: Die Schur kostet oft mehr als der Verkauf der Wolle einbringt. Der Rohwollpreis liegt derzeit bei etwa 0,30€ (Merino etwa 1,50€). Um kostendeckend zu sein, müsste die Wolle mindestens 1,50€ pro Kilo einbringen.
Der aktuelle Wollpreis
Der Wollpreis ist seit vielen Jahren viel zu niedrig. Dies soll sich ändern. Allerdings müssen wir die Qualität des Rohstoffs verbessern, um die Nachfrage anzukurbeln. Für eine bessere Wollvlies-Qualität muss die Wolle direkt bei der Schur sorgfältig sortiert werden. Dies erfordert jedoch zusätzliche Arbeitskraft, die natürlich auch entlohnt werden muss.
Wenn ein Kilogramm Rohwolle anstatt 0,50€ (ein guter Preis beim Wollhändler) 1,50€ kostet (kostendeckende Schur) oder sogar 3,00€ (kostendeckend für Schur und Sortieren, plus etwas Gewinn), macht dies im Endproduktpreis keinen erheblichen Unterschied aus – vorausgesetzt, das Endprodukt ist hochwertig und nicht nur Düngepellets.
Beispiel: Ein Strickpulli wiegt 500g. Dafür benötigt man 1kg Rohwolle. Der Pulli kostet im Laden 180€. Bei einem guten Rohwolle-Preis von 3€/kg würde er lediglich 5-6€ mehr kosten. Das ist durchaus verkraftbar, insbesondere wenn man bedenkt, dass dieses zusätzliche Geld beim Produzenten des Rohstoffs ankommt!
Zur Unterstützung der Schäferei könnt ihr außerdem eure Hunde in der Nähe von Schafherden anleinen, nicht zu nah an die Zäune gehen und, wenn überhaupt, regionales Lammfleisch essen!
Wie kann ein Schäfer seine Produktqualität verbessern
Wie kann man nun das Beste aus Wolle herausholen? Es gibt verschiedene Ansatzpunkte zur Verbesserung der Qualität im Endprodukt:
1. Bessere Sortierung bei der Schur
Die Schur erfordert einen erheblichen organisatorischen Aufwand für die Schäferei. Scherer müssen bestellt, Ställe geräumt und gesäubert, Absperrungen aufgebaut und Verpflegung für alle Helfer besorgt werden. Zudem muss das Wetter mitspielen: Es muss trocken bleiben und darf in den folgenden Tagen nicht zu kalt werden.
Der Schurablauf wird so reibungslos wie möglich organisiert, um Konflikte zwischen den Arbeitern und den Schafen zu vermeiden. Die Scherer arbeiten im Akkord und werden pro Tier bezahlt. Gute Scherer schaffen 100 Tiere am Tag. Das Scheren und das Anreichen der Schafe sind körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten.
Idealerweise werden die Schafe bereits vor der Schur nach Farben sortiert, um das Vermischen dunkler Fasern in die weiße Wolle zu minimieren. Kurze Wege zwischen Pferch und Scherer entlasten die Anreicher, sodass sie auch am Ende des Tages noch genug Energie haben, sorgfältig mit den Schafen umzugehen. Die Wollsortierer sind dafür verantwortlich, die Vliese richtig zu verpacken, den Schmutz auszusortieren, die Wollsäcke zu füllen und zu verschließen, neue Wollsäcke vorzubereiten sowie den Schurplatz zu säubern, ohne den Scherern im Weg zu stehen.
Die Schäfer treiben die geschorenen Schafe aus dem Schurbereich und bringen den nächsten Schwung herein. Insgesamt ist die Schur mit einem erheblichen Zeitaufwand und Materialbedarf (vor allem qualitativ hochwertige Schafschermaschinen) verbunden. Eingefahrene Abläufe lassen sich nur langsam ändern, und manches, was im Vorfeld als praktisch gedacht war, erweist sich erst in der Praxis als unpraktisch. Die Optimierung des Schurprozesses dauert daher oft mehrere Jahre.
2. Auswahl einer feineren Faser
Um ein feineres und weicheres Produkt zu erhalten, kann man auch nach einer feineren Faser suchen. Dies kann entweder durch die Verwendung von Wolle einer anderen Schafrasse mit feineren Fasern, wie zum Beispiel Merinofleischschaf, oder durch das gesonderte Sortieren der Wolle aus der ersten Schur, der Lammwolle, erfolgen. Lämmer haben dünnere Fasern als ältere Tiere, und je älter das Tier ist, desto dicker werden die Fasern. Bei Lammwolle wird zudem der “Pieksfaktor” reduziert, da die Faser nur eine Schnittstelle hat und am anderen Ende fein ausläuft, das ist das Ende, mit dem das Haar durch die Haut kommt.
3. Anpassung der Verarbeitung an die Faser
Die Verarbeitung der Faser zu Garn oder textiler Fläche bietet viele Möglichkeiten zur Optimierung. Spinnverfahren, Spinndrehung, Web- oder Strickmuster, Ausrüstung und sogar die Schnittführung beeinflussen den Kuschel- und Wohlfühlfaktor im fertigen Kleidungsstück.